Der
Predigttext steht beim Evangelisten Johannes im 6. Kapitel:
47
Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben.
48
Ich
bin das Brot des Lebens.
49
Eure
Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.
50
Dies
ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht
sterbe.
51
Ich
bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem
Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben
werde, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt.
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Es
geht um den Glauben.
Sie
kennen vielleicht Gotthold Ephraim Lessing, den Autor der
Ringparabel.
„Ein
Ring, sie alle zu knechten!“ Nein, das war ein anderes Buch.
Es
gibt einen Briefwechsel zwischen Lessing und seinem Zeitgenossen
Gottfried Wilhelm Leibniz, dem großen Philosophen.
In
diesem Briefwechsel von Lessing und Leibniz geht es auch um den
Glauben.
Lessing
schreibt Leibniz unablässig, dass er nicht glauben kann.
Dafür
ist einfach der garstige Graben der Geschichte zu groß, Jesus zu
weit weg, die Ereignisse in Jesu Leben zu lange her, als dass Lessing
glauben könnte, dass das wahr ist und Jesus wirklich Gottes Sohn
war. Dass der Glaube an Jesus wirklich zum ewigen führen könnte,
das kann Lessing einfach nicht glauben.
Leibniz
müht sich redlich, ihn zu überzeugen. Aber es gelingt ihm nicht.
Sein
letztes Argument nennt er den Sprung. Er sagt sinngemäß: Mein
lieber Lessing, ich kann dich nicht von der Wahrheit des Glaubens
überzeugen – du kannst nur springen: über diesen garstigen Graben
der Geschichte, hinein in den Glauben. Niemand kann vom Glauben
einfach mit logischen Argumenten überzeugt werden. So funktioniert
Glaube nicht. Jede und jeder für sich, kann nur über diese ganzen
Ungereimtheiten hinwegspringen und trotzdem glauben.
Haben
Sie Ihren Glauben noch?
Dann
halten Sie Ihn fest!
Ich
habe von Menschen gehört, die Ihn verloren haben.
Ich
habe von Menschen gelesen, die Ihn verloren haben.
Von
einem ganzen Volk, das seinen Glauben verloren hatte.
Es
war, als wären Sie in der Wüste unterwegs.
Endlose
Weite, sengende Sonne, erdrückende Hitze
und
kein Brot und kein Wasser weit und breit.
Ein
Volk sucht seinen Glauben, sucht das Land Gottes,
40
Jahre lang – es ist ein Weg durch die Wüste.
Vom
Himmel regnet Manna, Brot, das das Leben erhält,
Brot,
das verhindert, dass sie sterben müssen.
Doch
zum Glauben reicht es nicht.
Vielleicht
ist es so, dass wenn das Gute täglich vom Himmel regnet,
es
auch einfach zu viel des Guten ist.
Nein,
in der Wüste gibt es kein ewiges Leben.
In
der Wüste gibt es nur Überleben.
Brot
essen, nicht sterben.
40
Jahre lang.
Eine
ganze Generation hat überlebt.
Dann
war die Grenze erreicht.
Eine
neue Generation baut etwas neues auf.
Sie
überqueren den Jordan. Manche springen vielleicht.
Hinein
in das neue Land.
Etwas
Neues beginn.
Ein
neues Land, ein neues Leben.
Milch
und Honig vor Augen. Ein Paradies.
So
sollte es sein.
Sie
wollten daran glauben.
Sie
wollten wieder Glauben. Das hatten sie sich vorgenommen.
Und
wie sie glaubten: an eine Zukunft voller Hoffnung, an ein Leben in
Eintracht, in Frieden und Liebe – sie glaubten, dass ihre
geschundenen Hände wie eine Symphonie zusammenklingen könnten, wenn
nur die Hand des Einen, den ihre Eltern in der Wüste suchten, und so
oft verfehlten, der aber doch da war, weil er sie durch die Wüste
gebracht hatte, weil er das Manna vom Himmel regnen ließ – wenn
nur die Hand dieses Einen den Dirigentenstab führen würde, dann
hätte diese Zukunft Klang.
Daran
glaubten sie.
Manchmal.
Manchmal,
war es schwer, das zu glauben.
Wenn
die Gegenwart Krieg brachte, die Vergangenheit nur Armut zuließ,
wenn die Zukunft Gefangenschaft versprach – dann war es besonders
schwer.
Manche
konnten dann nicht mehr glauben.
Andere
mühten sich redlich.
Und
einige hielten fest.
Diese
Geschichte ist lang. Die Geschichten sind viele.
Wenn
Sie Ihren Glauben noch haben, dann halten Sie ihn fest!
Glaube
ist nicht irgendeine Ansicht unter anderen.
Glaube
ist nicht das Gegenteil von Wissen.
Glaube
heißt nicht, alles Andere, was belegbar scheint oder richtig klingt,
zu verneinen. Nein.
Glaube
fügt der Welt etwas hinzu.
Glaube
verändert die Welt.
Wer
glaubt, für den ist die Welt Schöpfung und ich bin verantwortlich
dafür.
Wer
glaubt, für den sind alle Menschen geliebte Geschöpfe, und ich bin
aufgerufen, in dieser Liebe zu leben.
Wer
glaubt, der kann der Welt mehr abgewinnen, als sie auf den ersten
Blick zu geben hat.
Um
das Jahr Einhundert, irgendwann in dieser Zeit, sitzt ein vermutlich
schon recht alt gewordener Mann, irgendwo im heutigen Griechenland,
oder der heutigen Türkei, irgendwo im Römischen Reich verborgen und
führt einen Federkiel. Er schreibt.
Und
er schreibt als einer, der die Geschichte und die vielen Geschichten
kennt. Er weiß, dass es manchmal schwer fällt zu glauben und er
weiß auch, dass der Glaube den Blick auf die Welt verändert - dass
der Glaube die Welt verändert.
Und
er schreibt drauf los, dieser Mann namens Johannes.
Er
schreibt: „Wer glaubt, der hat das ewige Leben.“
Doch
gleich als er das schreibt, weiß er, dass die Menschen ihn fragen
werden: „Woran sollen wir denn glauben, um das ewige Leben zu
haben?“
Man
kann ja schließlich an vieles glauben. Das weiß auch Johannes.
Aber
Johannes glaubt, dass Gott Mensch wurde, dass das Wort Fleisch wurde,
um unter den Menschen zu wohnen. Er glaubt an den Gott, der mit den
Menschen lebte, weil ihm nichts wichtiger ist, als den Menschen nahe
zu sein.
Ach,
wenn das doch die Menschen auch wollten.
Das
ist damals gerade etwa 70 Jahre her. Aber 70 oder 2000 Jahre – es
ist lange her; es ist ein garstiger Graben der Geschichte.
Also:
was sollen die Menschen glauben?
Die
kleine Stadt Bethlehem in Israel, gleich in der Nähe Jerusalems
gelegen, sie ist aus der Weihnachtsgeschichte gut bekannt.
Der
Name der Stadt Bethlehem setzt sich aus zwei Wörtern zusammen:
„Beith“ = Haus und „Lechem“ = Brot, zumindest im Hebräischen.
Im Arabischen gibt es dieses Wort nämlich auch: „Lechem“. Dort
heißt es aber „Fleisch“. Bethlehem kann also einmal „Haus des
Brotes“ heißen und einmal „Haus des Fleisches“. Das liegt ganz
einfach daran, dass das Wort „Lechem“ damals in der Region
zwischen dem heutigen Jordanien und dem heutigen Israel die jeweilige
Nahrungsgrundlage bezeichnete: Für die Viehzüchter in den
jordanischen Bergen war es das Fleisch, für die Bauern des
Tieflandes und des Golans war es das Brot. „Lechem“ meint das,
worauf das Leben gebaut wird.
Jesus
kommt aus dieser Tradition, natürlich weiß er, dass „Lechem“
nicht einfach nur Brot bedeutet, sondern, dass es die Grundlage des
Lebens meint, auf der sich eine ganze Zivilisation aufbaut. Bethlehem
– vielleicht könnte ich auch sagen: „Haus des Lebens“. Und
würde ich damit so falsch liegen? Kommt nicht das neue Leben, kommt
nicht Jesus aus Bethlehem!?
„Ich
bin das Brot des Lebens.“
Hätte
Jesus Hebräisch gesprochen und nicht Aramäisch, hätte er wohl
gesagt: „Ich bin das Lechem des Lebens.“
Und
ich denke, es wäre nicht falsch, wenn ich sagen würde, das heißt:
„Ich
bin das Leben des Lebens.“
„Ich
bin das Brot des Lebens.“ sagt Jesus.
Jesus
ist die Grundlage des Lebens, das worauf sich eine ganze Zivilisation
aufbaut, interpretiere ich.
„Wer
glaubt, hat das ewige Leben“, schreibt Johannes.
„Woran
sollen wir glauben, um das ewige Leben zu erhalten?“
„Ich
bin das Brot des Lebens.“ sagt Jesus.
Daran
sollt ihr glauben.
Kein
Brot, das verhindert, dass wir sterben.
Das
gibt es nicht.
Es
gibt kein Brot auf der Welt, auf der ganzen Welt nicht, auch kein
Manna, das vom Himmel fällt, das uns mehr geben könnte, als dieses
eine Leben, das wir haben.
Aber
es gibt ein Bot, das wir in der Erinnerung an Jesu Christus
miteinander essen, das uns mehr geben kann, als diese Welt auf den
ersten Blick zu bieten hat.
Allerdings
nur, wenn ich auch daran glaube.
Ohne
den Glauben, kann diese Welt eine Wüste sein.
Endlose
Weite, sengende Sonne, erdrückende Hitze
und
kein Brot und kein Wasser weit und breit.
Das
Land Gottes kann das nicht sein, denken die, die auf der Suche sind.
Wer
nicht glauben kann, hat es schwer damit.
Schon
damals zerrissen sich die Menschen das Maul darüber, was Jesus da
sagte. Sie konnten es nicht fassen. „Wie kann dieser uns sein
Fleisch zu essen geben?“ fragten sie. Und diese Frage ging lange
Zeit durch die Straßen. Christen wurden Menschenfresser genannt.
Wer
nicht glaubt, kann das nicht verstehen, dass wir keinen Menschen
essen, sondern uns durch die Erinnerung an ihn, mit ihm verbinden.
Aber:
das muss ich glauben.
Lessing,
der Autor, hat trotz all der Mühe des Philosophen Leibniz den Sprung
nicht gewagt. Er konnte oder wollte nicht glauben.
Aber
ich sehe Menschen, die ihren Glauben noch haben.
Ich
habe von Menschen gehört, die am Glauben fest hielten.
Und
ich denke: Es gibt sie noch, die Hoffnung.
Vielleicht
gelingt es mir nicht jeden Tag gleich gut, zu glauben.
Doch
ich wünsche mir, dass es mir jeden Tag nur einmal gelingen mag, über
den Jordan zu springen – hinein in das Land Gottes.
Ich
wünsche mir, dass es mir jeden Tag wenigstens einmal gelingt, Milch
und Honig zu erwarten; zu erwarten, dass die Zeit der Wüstenwanderung
einmal vorüber sein wird.
Und
wenn unsere Hände miteinander das Brot teilen, dann führt Gott den
Dirigentenstab, so dass diese Zukunft jetzt schon klingt.
Das
ist Brot des Lebens.
Es
gibt genug davon, ich muss nur daran glauben.
Und
der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre
unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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