Ewigkeitssonntag, 24.11.2019 - Predigt zu Mt 25, 1-13
Gnade sei mit euch
und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Es klingt nach
Hochzeit,
was Matthäus in
seinem Evangelium (25, 1-13) beschreibt.
Nach Hoch-Zeit.
Hoher Zeit.
Junge Frauen.
Ein Bräutigam, der
sehnsüchtig erwartet wird.
Die Lichter brennen
heiß.
Augen funkeln.
Sehnsucht lodert.
Glühende,
hoffnungsvolle Erwartung.
Alle sind
vorbereitet.
Das Fest kann
beginnen.
So scheint es
zumindest.
So unaushaltbar ist
die frohe Erwartung,
so groß die
festliche Freude,
dass einige
hinausstürmen wollen.
Es nicht mehr
erwarten können.
„Lasst uns ihm
entgegen gehen.“
Wenn er doch schon
da wäre,
der Bräutigam.
Wenn die Hochzeit
schon vollzogen wäre.
Wenn die Feierlaune
Raum bekäme,
die Feststimmung
Seele und Körper beschwingen könnte.
Wenn die
ausgelassene Freude doch schon herausgelassen werde könnte.
So stürmen sie
hinaus.
Und sie tragen ihr
Licht in die Welt.
Da begegnen Sie am
Wegrand einer alten Frau,
die leisen Schrittes
heimwärts schiebt.
Stock vor Fuß geht
sie mühsam.
Und eine der jungen
Frauen hakt sich unter.
Eine andere ergreift
den anderen Arm.
Der Stock der alten
Frau tanzt frei in der Luft
und wie der Stock
den Boden verliert,
verliert auch die
alte Frau für einen Moment ihre Gedanken.
Ein Lächeln zieht
ihr über die Lippen,
ein Lachen purzelt
heraus.
Und schon trifft der
Stock wieder den Weg,
die Arme links und
rechts haken sich aus.
Die Alte Frau bleibt
stehen.
Die jungen Frauen
ziehen weiter.
Lachen, Gesang und
Freudensprünge voraus.
Und etwas davon
bleibt zurück.
Der gebeugte Rücken
richtet sich auf.
Die Schultern gehen
ein Stück nach oben.
Mit Herzklopfen
sieht die alte Frau hinterher.
Und wenige Minuten
darauf,
kreuzt ein Kind den
Weg der jungen Frauen.
Aufgeregt geht es
ein Stück mit.
Sieht sich mit
staunenden Augen um.
Es hüpft und lacht.
Und denkt:
Wenn das Leben so
ist,
dann darf es bitte
bitte mehr davon sein.
Dann ruft die
Mutter.
Es ist spät.
Das Kind kehrt heim.
Die jungen Frauen
ziehen ausgelassen vorüber.
Etwas davon bleibt
zurück.
Mit Herzklopfen
sieht das Kind den Frauen hinterher.
Das Herz schlägt
und vieles schlägt
das Herz,
den Taktgeber des
Lebens.
Es wird müde und
lahm, das Herz,
wenn Traurigkeit und
Enttäuschung einschlagen.
Es lebt auf,
wenn Begeisterung
und Freude anschlagen.
Es schlägt
schneller.
Mitten im Leben.
Am Leben.
Herzklopfen.
Hoffnung schlägt im
Herzen der jungen Frauen.
Der Bräutigam
kommt.
Sie bereiten den
Tisch, für einen Gast, der noch gar nicht da ist;
doch sie hören
schon, wie er das Mahl genießt.
Sie zünden Lichter
an, weil der Schein den Weg weist;
und auch wenn noch
gar nichts zu sehe ist, sehen sie den Gast
schon kommen.
Sie öffnen die Tür,
für einen lang Ersehnten;
noch ist die Tür
leer, doch sie können den
ersten Schritt über die Schwelle schon erahnen,
die erste Umarmung
schon spüren.
Aber: irgendwann
will die Sehnsucht befriedigt werden.
Irgendwann will die
Vorfreude zur Freude werden.
Irgendwann will eine
Ahnung ein Anblick sein;
und Hoffnung muss
Erfahrung machen.
Sonst wird sie
erlöschen.
Dann geht das Öl in
den Lampen zur Neige.
Erste Lampen gehen
aus.
Ein Festmahl wird
abgeräumt.
Eine Tür
geschlossen.
So wird es auch dem
Zug der jungen Frauen gegangen sein,
die eifrig die
Öllampen in die Hand nahmen und ausschwärmten,
um ihr Schwärmen
auszudrücken.
Es klang nach Hoher
Zeit.
Junge Frauen.
Ein sehnsüchtig
erwarteter Bräutigam.
Heiß brennende
Lichter.
Funkelnde Augen.
Lodernde Sehnsucht.
Glühende,
hoffnungsvolle Erwartung.
Alle und alles
vorbereitet.
Das Fest kann
beginnen.
So schien es
zumindest.
Denn alles
Entgegengehen
kommt der Hoffnung
nicht entgegen.
Der Bräutigam
bleibt aus.
Zeit vergeht.
Aus feurigen Lampen
glimmen noch glühende Dochte.
Einigen ist das Öl
ausgegangen.
Sie haben keinen
Sprit mehr.
Keine Kraft.
Nichts, wovon der
Motor der Hoffnung noch zehren kann.
Und wenn die Lampe
erlischt.
Das Feuer aus ist.
Der letzte Funke der
Hoffnung verglüht.
Dann schließen sich
Türen,
noch ehe ich neues
Feuer entzünden kann.
Dann rennen Menschen
durcheinander.
Geschrei wird laut:
„Gib mir von dem,
was du hast!“
Und Menschen rennen
durch die Straßen, vorbei an kleinen Kindern,
die auf dem Weg nach
Hause hingefallen sind.
Doch die dicken
Tränen rühren sie nicht an.
Sie sind in eigener
Sache unterwegs.
Irgendwo muss doch
ein Hoffnungshändler sein,
der noch einen
letzten Tropfen verkauft.
Der kein Öl ins
Feuer gießt,
aber welches
entzünden kann.
Sie eilen die Straße
entlang.
Ellenbogen treffen
auf erst frisch aufgerichtete Schultern,
die vorher so lange
hingen,
weil die Jahre sie
nach unten zogen.
Ein Fuß trifft in
der Eile eine Stock,
eine alte Frau
stolpert und fällt.
Niemand hilft ihr
auf.
Schließlich sind
die Eiligen in
eigener Sache
unterwegs.
Nun, was ist das
auch für ein Bräutigam, der so lange auf sich warten lässt?
Wohl kein Bräutigam
der Eile.
Kein Bräutigam der
Hast.
Kein Bräutigam der
Rücksichtslosen
und Unachtsamen.
Aber was für ein
Bräutigam ist es dann, der so lange auf sich warten lässt?
Was für ein
Bräutigam, der von der ausgelassenen Vorfreude auf die Hohe Zeit
nicht auch
herausgerissen wird aus den alltäglichen Vollzügen und
heiß lodernd, wie
Feuerzungen dem Fieber der Hoffnung entgegenfliegt?
Es ist ein
geduldiger Bräutigam.
Er wartet, bis die
letzte Stunde schlägt.
Sie schlägt uns
allen.
Den Kindern, die
noch so viel vom Leben erwartet haben.
Den Alten, die vom
Leben gebeugt und am Stock gestützt gehen.
Den jungen Frauen im
Taumel und voller Hoffnung.
Den Menschen in Hast
und Eile.
Dir und mir.
Und niemand weiß
wann sie schlägt.
Doch es ist immer zu
früh.
Und wie oft bleiben
Hoffnungen auf dem Weg liegen,
Wünsche unerfüllt,
wurden Träume nicht
Realität.
Ihre Zeit kam zu
spät für die letzte Stunde, die zu früh kam.
Wie der Bräutigam,
der auf sich warten lässt.
Er kommt nicht für
das letzte Stündlein, das uns schlägt.
Er kommt nicht für
den Tod, der uns blüht.
Nein. Dafür
nicht.
Aber deswegen.
Er kommt wegen der
liegengebliebenen, der erloschenen Hoffnung,
wegen unerfüllter
Wünsche und nicht realisierter Träume.
Er kommt wegen der
Ewigkeit, die uns erwartet.
Sie kennt nicht Zeit
oder Stunde.
Sie kennt nur dich
und mich.
Sie ist früh dran,
wenn es zu spät ist.
Der Bräutigam
kommt.
Manche haben es
geschafft, die Hoffnung auf ihn nicht aufzugeben.
Den Glauben zu
bewahren,
auch wenn der
Freudentaumel abebbte,
und die Hoffnung
Mühe machte.
Und sie sehen ihn
kommen.
Er hat ein Kind mit
rotgeweinten Augen an der Hand und eine alte Frau mit Stock im Arm.
Und sie sehen
gleich, wo er geblieben ist, was ihn aufgehalten hat;
und sie wissen
genau, warum es gut ist, alle Hoffnung auf diesen Bräutigam zu
setzen.
"Lasst
eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen."
Ja, das wäre schon
gut, wenn das geht.
Aber manchmal geht
das eben nicht,
will ich dem Text in
die Zwischenräume fauchen.
Manchmal erlischt
Hoffnung.
Und wer will sich
anmaßen, von seiner Hoffnung nicht abzugeben?
Was sind das für
junge Frauen, die nichts von ihrem Öl an die geben wollen, die es
nötig haben?
Und dann kommt der
Bräutigam.
Die Tür fällt ins
Schloss.
Davor stehen die
Eiligen, Hastigen,
die Rücksichtlosen,
Unachtsamen,
die Unvorbereiteten.
Hoffnungslose Fälle.
Da ist Hopfen und
Malz verloren.
Vergebene Liebesmüh.
Für die ist es
einfach zu spät.
„Ich kenne euch
nicht.“ sagt der Bräutigam.
„Darum wacht! Denn
ihr wisst weder Tag noch Stunde.“
Einem Kind rinnt
eine Träne die Wange,
einer alten Frau
sinken die Schultern,
sie stützt sich
schwer auf ihren Stock.
Und einige der
jungen Frauen drinnen,
hinter der
verschlossenen Tür,
verstehen die Welt
nicht mehr.
Ist das die Freude,
die aus der Vorfreude wird?
Ist das der aus
Ahnung geborene Anblick?
Ist das die
Erfahrung der Hoffnung?
Da springt eine auf,
sie drängt zur Tür.
"Meine Hoffnung war
genau so klein wie eure",
ruft sie denen vor
der Tür zu.
Sie dreht den
Schlüssel in der Tür,
und stößt sie auf.
Der Bräutigam wird
daneben stehen,
ein Lächeln wird
ihm über die Lippen gehen
ein Lachen
herauspurzeln,
und denen draußen
vor die Füße fallen.
Die Hoffnung ist für
die Ewigkeit,
die weder von Tag
noch Stunde weiß.
Sie lebt aus der
Liebe.
Und die kennt keine
verschlossenen Türen,
kein aufgespartes
Öl,
aber dafür dich und
mich.
Amen.
Und der Friede
Gottes, der größer ist, als wir miteinander verstehen können,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen