Aus Platons “Hippias maior” stammt: “Aber, mein Sokrates, was ist denn nun all diese deine Weisheit, wenn du dir’s recht überlegst? Nichts als Brocken und Splitter von Reden, zerstückelte Teilchen, wie ich sie eben erst nannte.”
So macht sich Kierkegaard auf, Brocken und Splitter zu sammeln. “Was hier geboten wird ist nur eine Kleinigkeit, auf eigne Gefahr, auf eignen Befehl, auf eigne Kosten, ohne allen Anspruch darauf, an dem wissenschaftlichen Bestreben teilzuhaben, in dem man rechtlich Anerkennung erwirbt [...]. Es ist nur eine Kleinigkeit und wird nicht zu mehr [...].” (S. 11)
Etwas mehr als eine Kleinigkeit ist es aber doch. Es ist der Versuch darüber, ob ewige Seligkeit auch auf geschichtliches Wissen zu gründen ist. Freilich müssen sich die Leser_innen darauf einlassen, dass sie sich durch nicht immer ganz leichte, philosophische Sprache zu mühen haben. Belohnt werden die Lesenden aber allemal. Denn was Kierkegaard hier anbietet, ist nicht viel weniger als eine religionsphilosophische Untersuchung des Christentums und die Bedingung der Möglichkeit, auch heute noch glauben zu können. Schließlich werden sich dafür als notwendig herausstellen: ein Organ (der Glaube), eine Voraussetzung (das Sündenbewusstsein), eine Entscheidung (der Augenblick) und ein Lehrer (der Gott in der Zeit). Kierkegaard bleibt damit weitgehend eng an den Voraussetzungen lutherischer Theologie - nur der metaphorische “Sprung”, den er von G.W. Leibniz entlehnt, des Verstandes im Augenblick, den der Mensch wieder und wieder neu tun muss, zeugt von einer beachtlich scharfsinnigen Menschenkenntnis des damals 31-jährigen Dänen. Der Glaube ist damit keine einmalige und bleibende Entscheidung oder gar ein unwillkürliches Geschenk, sondern eine Entscheidung, die jeder Mensch immer neu treffen muss: “[...] denn die Aufgabe bleibt die gleiche, und der Glaube ist jederzeit streitend; solange aber zu kämpfen bleibt, ist Niederlage möglich, und darum triumphiere man, was den Glauben anlangt, niemals vor der Zeit, d.h.: niemals in der Zeit.” (S. 106)
Wer den Sprung in dieses Buch wagt, wird außerdem mit vielen schönen und durchaus ungewöhnlichen Überlegungen zu Gott und “dem Gott in der Zeit”, Jesus, belohnt.
Kierkegaard, Sören: Philosophische Brocken. Und Johannes Climacus oder De omnibus dubitandum est, 1. Aufl., Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Berlin 1975, 161 Seiten.
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